Elmshorn, 31. Dezember 2019 – Die Fighting Pirates hatten Quarterback James – genannt Jimmy – Walker bereits für die Aufstiegssaison 2019 im Blick. „Max Paatz hatte mich damals kontaktiert, aber letztendlich hat es zeitlich eben alles nicht so gut geklappt“, sagt der Kalifornier Walker. Auch in diesem Jahr erkundigte sich der umtriebige Pirates-Sportdirektor Paatz beim renommierten US-Amerikaner Steve Calhoun, der dort regelmäßig Football-Camps – und auch schon einmal in Elmshorn – veranstaltet, ob er einen Tipp für einen passenden Pirates-Spielmacher für die kommende GFL 1-Saison habe. Calhoun empfahl den Freibeutern erneut Walker, der sich in diesem Jahr unter seiner Führung fit hielt.
Die zweite Kontaktaufnahme mündete dann in einer Vertragsunterzeichnung. „Natürlich ist es schon eine schwere Entscheidung, seine Heimat zu verlassen, aber ich habe mir auch gedacht, dass diese Möglichkeit viel zu gut ist, um sie zu verpassen“, so der 1,88 Meter große und 102 Kilo schwere Quarterback, der Mitte März in die Krückaustadt kommt.
Allzu blauäugig geht Walker das Deutschland-Abenteuer aber dann auch nicht an – zumindest auf sportlicher Ebene. Er ließ sich in ausführlichen Gesprächen mit Offense-Coordinator Andreas Nommensen das Pirates-Angriffssystem erläutern – und fragte fleißig nach. Auch Vater Jim sah sich auf der Plattform Hudl Spielszenen der Elmshorner an. Schließlich sind die Walkers aus Redlands (Kalifornien) eine echte Football-Familie. Jim Walker trainierte seinen Sohn schon dort in der Highschool. „Mit neun Jahren habe ich angefangen, Football zu spielen. Einfach, weil mein Vater der Headcoach war und ich sozusagen hineingeboren wurde, diesen Sport zu machen und zu lieben. Etwas überraschend war ich zunächst in der O-Line aktiv“, erinnert sich der mittlerweile 25 Jahre gereifte Walker.
Die Robert Morris University (US-Bundesstaat Pennsylvania) verließ Walker mit Abschlüssen in Kommunikation und Englisch und einem Master-Abschluss in Erziehung. Zuletzt ließ sich Walker, der momentan in Riverside (Kalifornien) wohnt, auch noch zum Feuerwehrmann ausbilden. Seine Universität tritt in derselben College-Liga (NCAA Division I FCS) wie die St. Francis University an. Dort spielte Pirates-Runningback Khairi Dickson bis 2016, 2017 und 2018 trat Walker für sein Uni-Team an. „Gegeneinander haben sie also nie gespielt, aber KD kennt diese Uni und weiß, dass dort auf einem guten Niveau Football gespielt wird und die Jungs sportlich sehr gut ausgebildet sind“, sagt Piraten-Sportdirektor Paatz.
2016 setzte Walker an der San Diego State University ein Jahr mit Football aus (Red-Shirt-Regelung), 2014 und 2015 war er am Cerritos College (ebenfalls Kalifornien) aktiv. „Mit Jimmy Walker bekommen wir einen sehr erfahrenen Quarterback, was uns sehr wichtig war. Die insgesamt vier Jahre, die er am College war, war er Stammspieler und hat sehr gute Leistungen gezeigt“, sagt Pirates-Headcoach Jörn Maier. Walker passe sehr gut in das System. „Jimmy ist eine Top-Lösung für uns, wir sind überzeugt davon, dass er uns viel Freude bereiten wird und wir dementsprechend auch mit ihm Erfolg haben werden“, so Maier.
Im März betritt Walker ein zweites Mal europäischen Boden. Im Alter von 18 Jahren war er mit seiner Familie für einen Urlaub in Paris. „Ich weiß nicht viel über Deutschland, aber ich freue mich sehr darauf, vieles zu erleben“, meint Walker, der in der Saison 2018 für 1925 Yards Raumgewinn in elf Spielen durch Pässe verantwortlich war. 20 Touchdowns legte er auf. „Die Gespräche mit Jimmy waren wirklich gut. Er hat sich erstklassig präsentiert und ist genau der Quarterback, den wir für unsere Offense brauchen. Weil seine ganze Familie den Sport liebt, bringt er viel Fachwissen mit“, freut sich Offense-Coordinator Nommensen.
Walker bringt vorzugsweise seine Pässe aus der Pocket – dem von der O-Line im Optimalfall geschützten Bereich – zum Mitspieler. Wilde Läufe mit anschließenden Würfen oder eigener Raumgewinn mit Ball unter dem Arm zählen nicht unbedingt zu dessen Leidenschaften. „Meine persönlichen Ziele sind das Gewinnen und die Leistungssteigerung. Football ist ein Teamspiel und man braucht alle elf Jungs, damit es funktioniert. All diese Statistiken und Auszeichnungen sind ja ganz nett, weil man darüber sprechen kann und auch danach strebt, aber im Endeffekt stehst du auf dem Feld, um zu gewinnen. Und das ist es, was ich einbringen möchte“, so Walker.
Der US-Amerikaner ist bereit für den Job. Das zeigt sich auch in den kleinen Dingen: Das soziale Netzwerk Facebook hatte er zuletzt gar nicht mehr genutzt, doch um sofort in der Teamgruppe dabei zu sein, meldete sich „Jimmy“ Walker direkt wieder an.
Im abgelaufenen Jahr hatte Walker keine Spielpraxis, arbeitete aber dennoch hart an seinem Spiel und seiner Fitness, auch mit seinem Mentor Calhoun. „Er war einer der ersten, mit denen ich gearbeitet habe, um ein besserer Quarterback zu werden. Ich mag seine Football-Philosophie und die Art, wie er Spieler auf dieser Position coacht“, sagt der Spielmacher, der auch gern den Golfschläger schwingt („Ich freue mich darauf, einige Golfplätze auszuprobieren, wenn spielfrei ist.“).
Vor allem seine Familie werde er vermissen. „Aber ich freue mich auf dieses neue Abenteuer. Ich werde auch meinen Lieblingsmexikaner vermissen. Dafür kann ich aber auch neues Essen in Deutschland ausprobieren“, erklärt der Nachfolger von Quarterback Ryan Sample.
Text: Fiete Möldenstein