Traditionell werden Footballspiele am Sonntagnachmittag ausgetragen, aufgrund der langen Anreise der Gäste – die Berlin Adler – entschied man sich aber im Frühjahr dafür, dieses Spiel auf den Samstagabend zu legen. Erst zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte trafen die beiden Teams aufeinander: 1987 reisten die „Kempten Comets“ zum Viertelfinalspiel nach Berlin und erlitten mit 2:88 eine deutliche Niederlage. Viele Experten hatten den Allgäuern im Vorfeld wenig Chancen eingeräumt und erwarteten nach drei Siegen in Folge gegen Teams aus der Süd-Gruppe nun den ersten Dämpfer gegen das Traditionsteam aus der Bundeshauptstadt unter Nationalcoach und „Trainerlegende“ Shuan Fatah.

Nachdem sich bereits am Samstagmorgen die U19 mit einem Sieg gegen die München Rangers den ersten Tabellenplatz und damit die vorzeitige Meisterschaft in der Bayernliga gesichert hatte, sollten die Herren abends vor rund 700 Fans nachlegen. Ebenfalls zu Besuch im Illerstadion war Dr. Mike Romans, vom Gründungsjahr 1982 an der erste Headcoach der Comets, der im Rahmen seiner späteren Ehrung zu Beginn den Münzwurf durchführte. Diesen gewannen die Berlin Adler und entschieden sich, den Ball zuerst zu empfangen. 

Die Hausherren starteten somit mit einem Kick-Off durch Marcel Schade in die Partie. Der Return konnte nach wenigen Yards gestoppt werden und Berlin begann den ersten Drive des Spiels an der eigenen 30-Yard-Linie. Angeführt durch QB Zachary Cavanaugh erreichten die Berlin Adler mit Passplays die Spielfeldmitte. Die Comets verpassten dabei zu Beginn zwar ein paar Tackles, stoppten die Berliner dann aber in der Mitte des Spielfeldes, worauf die Adler den Ballbesitz mit einem zwar hohen, aber nicht weiten Punt an die Allgäuer wieder abgeben mussten. Diese starteten mit einem unvollständigen Pass sowie einem kurzen Schreckmoment, als Quarterback Javarian Smith den Fall im Laufen kurz verlor, jedoch direkt selbst sichern konnte – Anfangsnervosität auf beiden Seiten. Das erste First Down für die Comets gelang dann durch einen Pass auf Ex-Jugendspieler Ahsan Moore. Die Berliner Defense machte in der ersten Spielphase viel Druck und brachte den „Rush“ mit zusätzlichen Defensive Backs. So gelang es den Berlinern, Runningback Thomas Campbell hinter der Line of Scrimmage zu Boden zu bringen. Unbeeindruckt etablierten die Allgäuer weiter streng nach Playbook ihr Passspiel, das mit vier hervorragenden Receivern für jede Defense sehr schwer zu verteidigen ist und Jay Smith selbst scheute bereits früh in der Partie den Kontakt mit der gegnerischen Defensive nicht. Mit einem Quarterbacklauf bis zur 25 Yardlinie, in dem er sich mit viel Körpereinsatz im dritten Versuch gegen einen Defensive Back durchsetzte, klopften die Comets bereits an der Tür der Gäste. Die folgenden drei Pässe waren jedoch überworfen und im ausgespielten vierten Versuch schaffte der Berliner Defensive Liner Malik Ngandeu einen Quarterback-Sack – der Ballbesitz wechselte wieder ohne Punkte. 

Nach dieser Phase des Abtastens arbeiteten sich die Adler mit einem soliden Passspiel über die Spielfeldmitte bis zur 2 Yard Linie der Allgäu Comets vor. Ein erfolgreicher Touchdownpass auf Maylan Bacher sorgte mit erfolgreichem Extrapunkt kurz vor Ende des ersten Quarter für die 0:7-Führung für das Team aus der Hauptstadt. Nach zwei abgewehrten Pässen entschied sich QB Jay Smith, selbst mit dem Ball zu laufen und erreichte ein neues First Down. Mit einem tiefen Pass auf die WR Marcel Schade erreichten die Comets die 19-Yard-Linie der Berlin Adler und zugleich das Ende des ersten Viertels. 

Wieder konnten die Berliner 3 Versuche der Allgäuer abwehren, doch Headcoach und OC Elias Gniffke ging das Risiko ein, den vierten Versuch anstatt eines Field-Goal-Versuchs auszuspielen –  und dieser Plan ging auf, denn WRNate Stewart fing den Pass und wurde ein Yard vor der Goalline gestoppt. Der anschließende Touchdownpass auf Stewart wurde zwar noch durch einen DB der Berliner abgefälscht, konnte jedoch durch Nate zum TD gesichert werden, nach erfolgreichem PAT durch Marcel Schade stand es nun 07:07. Berlin versuchte sein Glück weiter beim Passspiel. Nach mehreren Pässen sowie einem Trickspielzug über die WR Nate Prince war relativ zügig die Hälfte des Feldes überwunden und ein weiterer Pass durch die Mitte auf Receiver Jonas Kürbis brachte den Ball bis zur 6-Yard-Linie der Allgäu Comets. Der Drive endete mit einem Touchdownpass auf Prince zum 14:7 sowie einem Extrapunkt.

Nachdem die Berliner im ersten Viertel in der Line viel Druck ausübten, stellte sich die Offensive Line im zweiten Viertel darauf ein und konnte QB Jay Smith deutlich mehr Zeit verschaffen. Aus einer „Empty“-Formation ohne Runningback erwartete die Berliner Defensive zwar einen Passversuch, konnte aber nicht verhindern, dass Thomas Campbell den Ball für ein erneutes First Down fing. Von der gegnerischen 45-Yard-Linie warf Quarterback Jay Smith einen weiten 40 Yard Pass auf WR Ashan Moore, der mit seiner Geschwindigkeit seinem Bewacher keine Chance ließ und die restlichen 5 Yards zum Touchdown lief. Nach weniger als zwei Minuten konnten die Allgäu Comets so wieder auf 14:14 ausgleichen. Das Passplay der Gäste wurde inzwischen erfolgreich durch die Allgäuer Defense gestört, die unter DC Niall Padden ihr Spiel entsprechend adaptiert hatten. Quarterback Cavanaugh entschied sich daher mehrfach, selbst den Ball zu laufen. Am Ende des Drives an der 30-Yard-Linie der Comets sorgte die Defense dann für einen kompletten Halt des Berliner Angriffs und sicherte den Hausherren wieder den Ballbesitz. Die Kemptener blieben ebenfalls vorwiegend beim Passpiel und setzten dabei wiederholt erfolgreich Thomas Campbell als Receiver ein oder schickten QB Smith selbst als Ballträger los. Nachdem drei Pässe aus kurzer Distanz ihre Zeile in der Endzone verfehlten, sorgte Marcel Schade mit einem Fieldgoal-Versuch für die Halbzeitführung von 17:14 für die Allgäu Comets. 

In der Halbzeit wurde Dr. Mike Romans unter den Augen einiger seiner ehemaligen Spieler als erster in die „Hall of Fame“ der Allgäu Comets aufgenommen und für seine Arbeit als erster Headcoach und Gründungsmitglied des Vereins mit der goldenen Ehrennadel geehrt.   

In der zweiten Halbzeit empfingen die Allgäu Comets den Ball zuerst und starteten mit dem gleichen Tempo wie sie in der ersten Halbzeit aufgehört hatten, schafften es aber nicht, dies in Punkte umzuwandeln. Die Berlin Adler hatten zu Beginn der Halbzeit merkliche Schwierigkeiten, ihr Spiel in Gang zu bringen, konnten sich dann aber mit langen Passspielzügen über die Runningbacks in die Hälfte der Kometen arbeiten. Am Ende reichte es dann aber nur für ein erfolgreiches Fieldgoal zum Ausgleich. Diese 3 Punkte sollten auch bereits die letzten Punkte der Gäste sein. Im anschließenden Drive fand Jay Smith u.a. wieder WR Ahsan Moore mit einem langen Pass, lief wieder selbst für ca. 20 Yards bis er von drei Adlern an der 15-Yard-Linie gestoppt wurde. Die Allgäuer machten kurz vor Ende des dritten Viertels einen fitteren Eindruck als die Berliner, denen die lange Busfahrt sicher noch in den Knochen steckte und schlossen den Drive mit einen Touchdownpass auf Nate Stewart ab. Das dritte Viertel endete kurz darauf 24:17.  

Die Berliner versuchten ihr Glück weiter im Passspiel oder in QB-Läufen, die Comets-Defensive arbeitete nahtlos ineinander, war nun immer sofort am Ballträger und zwang die Adler zum Punt. Jay Smith verschaffte mit einer Interception den Gästen noch die Chance zum Aufholen, diese konnten die Adler dank der bissigen Comets-Verteidigung nicht nutzen. Innerhalb von vier Versuchen mussten sie den Ball umgehend wieder abgeben. Für die Comets galt es nun, die Zeit zu kontrollieren. Mit Läufen und seitlichen Pässen über RB Thomas Campbell arbeitete sich dieser bis in die Hälfte der Berliner vor. Nach drei Touchdown-Pässen belohnte sich Jay Smith selbst mit einem Laufspielzug, den er durch perfektes Blocking der Offensive Line – die ihm schon das ganze Spiel viel Zeit verschafft hatte –  ohne Fremdberührung in die Endzone schaffte. Trotz einer guten Ausgangsposition der Adler nach dem Kick reichte es danach wieder nicht für ein First Down für die Berliner, die Allgäuer Offense hielt die Uhr durch Laufspielzüge erbarmungslos am Laufen und gab Berlin so keine Chance, am Ergebnis noch etwas zu ändern. Das Spiel endete somit 31:17 für die Allgäu Comets, die weiterhin ungeschlagen auf Tabellenplatz 1 in der Erima German Football League Süd stehen und als erstes Team der Erima-GFL-Süd ein Team des Nordens schlagen konnte.

Am Sonntag komplettierte die Flag-U16 dann das „perfect weekend“ für die Comets, indem sie mit Siegen gegen die Fursty Razorbacks und die München Rangers den Einzug ins Playoff-Turnier sicherten.

Am kommenden Sonntag steht nun eine Auswärtsfahrt zu den bisher sieglosen Mercenaries nach Marburg an und schon in der darauffolgenden Woche am Sonntag, den 09. Juli 2023 um 15:00 Uhr wartet die nächste Herausforderung im Illerstadion auf die Allgäu Comets: Mit Schwäbisch Hall empfängt man den amtierenden Deutschen Meister, der ungewohnterweise schon zwei Niederlagen in der regulären Saison einstecken musste – beide gegen Nord-Teams – und aktuell auf dem dritten Tabellenplatz steht.  Mit Heimvorteil und lautstarker Unterstützung der Fans können sich die Comets wieder als unangenehmer Gegner für Hall beweisen und das „Kunststück“ von 2015 wiederholen, als man in einem Kraftakt den Seriensieger im Illerstadion bezwingen konnte. Nach der für viele überraschenden Niederlage der Berliner wird Footballdeutschland sicher noch mehr ein Auge auf die Comets haben.

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