Die Schwäbisch Hall Unicorns sind deutscher Meister im American Football der Saison 2022. Im ERIMA German Bowl XLIII bezwangen sie in Frankfurt vor knapp 10.000 Zuschauern die Potsdam Royals mit 44:27 (7:13, 20:0, 10:7, 7:7). Die „Battle of the Undefeated“ zwischen Süd- und Nordmeister, die beide ungeschlagen durch zwölf Spiele und in den ERIMA German Bowl XLIII gekommen waren, war die erwartet offensive Angelegenheit.
Die Unicorns beschlossen sechs ihrer sieben Angriffsserien in Frankfurt mit Punkten. In der ersten Hälfte kam die Offense mit jedem Ballbesitz in Potsdams Endzone, beim ersten Touchdown hatte sie erst gar nicht aufs Feld gebraucht, weil Joshua Haas den Ball nach dem Kickoff der Potsdamer nach ihrem Führungs-Touchdown per Return zum 7:6 für die Haller verwertet hatte.
Die Endspiel-Debütanten aus Brandenburgs Landeshauptstadt, die in der Saison über 50 Punkte pro Spiel verbuchen konnten, setzten gegen den zehnfachen German-Bowl-Teilnehmer aus Schwäbisch Hall von Beginn an auf eine freche Überrumpelungs-Taktik. Vom bis dahin so erfolgreichen Offensivkonzept blieben in der ersten Hälfte aber nur rudimentäre Ansätze, insbesondere durch Läufe des finnischen Running Backs Karri Pajarinen, übrig.
Die Unicorns ließen sich durch die ersten beiden auf diese Weise erfolgreichen Angriffsserien der Potsdamer nicht beirren. Und schon gar nicht beeindruckte sie die Trickkiste der Potsdamer, die diese früh öffneten. Nach dem ersten Touchdown zum 6:0 durch Pajarinen versuchten sich die Royals nicht nur an einer Two Point Conversion, sondern auch gleich an einem Onside Kick. Beides scheiterte, der Kickoff mit dem schlechtestmöglichen Ende, so dass der Vorteil dank des Touchdowns von Haas sofort bei den Hallern lag.
Diese marschierten in langen Angriffsserien noch dreimal in die Potsdamer Endzone, ehe es in die Pause ging, wobei Quarterback Reilly Hennessey, der später als Most Valuable Player des ERIMA German Bowls XLIII ausgezeichnet wurde, einen Angriff mit der Präzision eines Uhrwerks führte, zweimal selbst die Touchdowns am Ende erzielte und einmal Tyler Rutenbeck bediente.
Rutenbeck, der während der Saison ebenso wie Moritz Böhringer nicht immer dabei sein konnte, hatte sich für den Finaltag wie immer die grandiosesten Momente seiner Sprung- und Fangqualitäten aufgespart. Auch Böhringer kam in der zweiten Hälfte noch zu einem Touchdown und darüber hinaus davor zu einem wohl für ihn selbst auch verblüffenden und ungewohnten Erlebnis, als die Potsdamer einen weiteren Onside Kick probierten (nach ihrem Anschluss zum 20:30 im dritten Viertel) und der Ball ausgerechnet in Richtung des so fangsicheren Ex-NFL-Profis trudelte und leichte Beute für ihn wurde.
80 Sekunden später war Böhringer in der Endzone, mit 37:20 wurden die Seiten ein letztes Mal gewechselt. Die Potsdamer kämpften weiter mit viel Herz und kamen nun auch wieder offensiv in Schwung. Aber die Kontrolle über das Spiel hatten da längst die Unicorns, die dem Gegner bewusst nun einiges zugestanden, wussten sie doch, dass sie früher oder später an den Ball kommen würden. Nach dem 27:37 der Potsdamer durch Quarterback Robert Patterson war dies acht Minuten vor dem Ende der Fall, und sieben dieser Minuten nutzten sie weidlich aus, um in Trippelschritten noch einmal in Richtung Potsdams Endzone zu kommen, vor allem aber, um Potsdams Angriff untätig an der Seitenlinie zuschauen zu lassen.
Alles, was die Royals sich als Überraschungselemente für ihren ersten German-Bowl-Abend vorgenommen hatten, hatte nicht den ersehnten Erfolg. Ein junges, engagiertes Team, war von der auch und vor allem in akustischer Hinsicht immer wieder besonderen Atmosphäre des Deutsche Bank Parks wohl ein wenig zu beeindruckt. Die Gelegenheit zu gefährlichen Returns gönnten ihnen die Unicorns durch ihre flachen Squib Kicks nicht. Ihre gefährlichen Receiver hielten sie unter Kontrolle, auch wenn sie Running Back Pajarinen damit mehr Luft gaben.
Was die Unicorns sich eventuell an Überraschendem ausgedacht hatten für den Fall, dass sie es am Ende benötigt hätten, werden wir nicht erfahren. Eine Andeutung gaben sie aber, als die Schlussminute begonnen hatte: Da nutzten sie ihren vierten Versuch zum Pass auf Aurieus Minton in die Endzone und beseitigten damit die letzten Zweifel an ihrem fünften German-Bowl-Erfolg bei der zehnten Finalteilnahme.