Für mehr als ein Jahrzehnt waren die Marburg Mercenaries aus der kleinen Universitätsstadt die Nummer eins im hessischen American Football, zogen einmal (2006) auch in den German Bowl ein. Immer wieder lockten sie – auch mit Hilfe der renommierten Universität – junge Talente in ihr Team und erreichten durchgängig die Playoffs. Bis Samsung Frankfurt Universe kam: Der große Nachbar war in den vier bisherigen GFL-Vergleichen der letzten beiden Jahre stets überlegen.
Am 13. Mai stellt sich die Frage nach der aktuellen Vorherrschaft in Hessen neu – und diesmal könnte die Antwort durchaus anders lauten. Die Marburger, die seit letztem Jahr spürbar wieder im Aufwärtstrend sind und mit einem ungefährdeten 33:7-Heimsieg gegen Kirchdorf in die Saison starteten, liefern gute Argumente dafür. Marburgs Präsident Carsten Dalkowski zieht natürlich vorerst die Rolle als Außenseiter vor: „Über Favorit und Underdog brauchen wir am Sonntag nicht zu sprechen. Ganz generell sprechen die vorhandenen Möglichkeiten, sei es nun finanziell oder strukturell, klar für die Universe. Mit dieser Rolle können wir jedoch sehr gut leben und werden das Beste daraus machen.“
Den Druck von der eigenen Mannschaft zu nehmen, ist ehrenwert. Aber: Das Marburger Erfolgskonzept ist seit eh und je intakt und verspricht langfristig, Früchte zu tragen. Mit Head Coach Dale Heffron kam letztes Jahr ein Mann nach Marburg, der es versteht, ein langfristiges Football-Programm aufzubauen. Dieses Jahr nun konnte der österreichische Top-Quarterback Alexander Thury als Spielmacher auch deswegen nach Marburg geholt werden, weil er dort parallel sein Studium fortsetzen kann. Einen Europäer als Spielmacher zu haben, eröffnet im Angriff mehr Varianten: So können die in der GFL erlaubten zwei US-Amerikaner auf dem Feld eben auch Receiver- und Running-Back-Position gleichzeitig besetzen.
Und Running Back für die Marburger spielt inzwischen ja wieder Silas Nacita, schon einmal ein kleiner „Punktsieg“ für Marburgs „Söldner“ gegenüber dem hessischen Rivalen. Nacita hatte in den USA eine fulminante College-Laufbahn gespielt, ehe ihn die Mercenaries nach Deutschland holten, wo er in der GFL eine überragende Spielzeit 2016 mit knapp 150 Yards Raumgewinn aus Läufen und Fängen pro Spiel ablieferte. 2017 spielte er für Frankfurt ein ähnlich gutes Jahr, doch vor der aktuellen Saison ist er nun an die Lahn zurückgekehrt. Allein dies verschiebt das Kräftegleichgewicht zwischen beiden in jedem Fall zugunsten der Marburger. Ob es reicht, den Favoriten stellen zu können, zeigt sich am Sonntag in der PSB Bank Arena am Bornheimer Hang.
Im Norden steht einer der Klassiker zwischen den New Yorker Lions und den Kiel Baltic Hurricanes am Samstag in Braunschweig auf dem Programm. Seit ihrer letzten German-Bowl-Saison 2012 haben die Kieler allerdings Braunschweig nicht mehr bezwingen können. Und nach zwei Niederlagen in Köln und gegen Berlin zu Hause sind die Baltic Hurricanes auch diesmal nur Außenseiter. In Braunschweig sind dies aber sowieso alle Gast-Teams: Just seit dieser Woche sind die New Yorker Lions an der Hamburger Straße mehr als drei Jahre ungeschlagen. Zuletzt verlor man daheim am 9. Mai 2015 gegen Dresden.
Während der Vorjahreszweite aus Kiel beim Rekordmeister antritt, bringen sich in Potsdam zwei mögliche Konkurrenten um den Play-Off-Platz in Stellung. Die Nord-Aufsteiger dieses und des letzten Jahres, Potsdam Royals und Cologne Crocodiles, treffen am Sonntag aufeinander. Das Kölner Team um Head Coach Patrick Köpper will in seiner zweiten GFL-Saison unbedingt in die Play-Offs – ein Auswärtssieg nach der weitesten Anreise der Punktrunde wäre da keine schlechte Basis.