Drei Mannschaften sind in der ERIMA GFL in diesem Jahr noch ungeschlagen. Am Samstagabend werden es maximal noch zwei sein. In Potsdam treffen am 29. Juni ab 15 Uhr die beiden Co-Tabellenführer des Nordens aufeinander: Potsdam Royals und Dresden Monarchs wollen dabei jeweils für sich die Vorentscheidung im Rennen um Platz eins und das Heimrecht auch bei Erreichen des Halbfinales erzwingen. Der Vorjahres-Erste und der Vorjahres-Zweite der ERIMA GFL Nord spielen nur ein einzelnes Spiel gegeneinander, für den Verlierer gibt es keine zweite Chance in einem Rückspiel in Dresden.

Stattdessen müsste man auf mindestens zwei Niederlagen des Konkurrenten in anderen Spielen hoffen. Angesichts der bisherigen Leistungen der beiden wäre dies eine vage Aussicht. Vor allem die Potsdamer ließen keinerlei Schwachstellen erkennen. 61 eigene Punkte im Schnitt pro Spiel bisher sprechen eine eindeutige Sprache. 520 Yards produzierte der Angriff von Quarterback Jaylon Henderson pro Partie, der Spielmacher warf schon 29 Touchdown-Pässe.

Dass statistisch die Dresdener Verteidigung leicht besser abschnitt als die aus Potsdam, fällt da kaum ins Gewicht. Anders als die Brandenburger Königlichen haben die aus Sachsen offensiv nicht ganz so dominant agiert. Letzte Woche wurde im Heimspiel gegen die Berlin Adler sogar mächtig gezittert, denn die Gäste wollten sich so gar nicht in die Rolle eines Underdogs fügen.

Den Unterschied im Spielverlauf machte vor allem Dresdens Kicker-Routinier Florian Finke mit seinen Field Goals und PAT-Kicks. So gab es am Ende die Gelegenheit, mit klugem Ball- und Zeitmanagement den knappen Vorsprung in einen einigermaßen standesgemäßen 44:32-Erfolg zu verwandeln. In Potsdam wird nicht nur Finke seine Routine ausspielen müssen, ein wenig mehr Esprit im Angriff um Quarterback Brock Domann dürfte nötig sein. Vielleicht hat aber ja auch eine der Verteidigungsreihen der beiden Titelfavoriten ein noch geheimes Erfogsrezept in petto, wie der Gegner zu stoppen ist.

Für die Dresdener ist der große Konkurrent in Potsdam nicht nur der einzige andere aus ostdeutschen Bundesländern in der ERIMA GFL (abgesehen von den Teams mit West-Berliner Wurzeln), sondern auch der nächste Nachbar in der Liga. Unterstützung von den Rängen ist bei nur kurzer Anreise also möglich. Überhaupt stehen alle sechs Partien des letzten Juni-Wochenendes in der ERIMA GFL ziemlich im Zeichen der Nachbarschaft.

Da wäre etwa das Baden-Württemberg-Derby zwischen Schwäbisch Hall Unicorns und ifm Razorbacks, das für die Gäste-Fans aus Ravensburg eine vergleichbare Reisestrecke bedeutet wie für Monarchs-Fans auf dem Weg nach Potsdam. In Schwäbisch Hall steht die Partie unter dem Motto des „Family Game“, bei dem vor allem Kindern einiges geboten werden soll.

Sportlich ist die Partie des Vorjahres-Ersten gegen den Vorjahres-Letzten der ERIMA GFL Süd in den letzten drei Wochen etwas unverhofft zu einem Spitzen-Duell mutiert. Der Blick auf die Tabelle allein verrät das noch nicht, weil die Ravensburger in Hildesheim in der Overtime noch gescheitert waren. Aber einem Sieg gegen die bis dahin ungeschlagenen Munich Cowboys ließen die ifm Razorbacks eben nicht nur den packenden Fight in Hildesheim mit unglücklichem Ende folgen. Sondern nun auch einen vor allem in der Höhe überraschenden 46:20-Erfolg gegen die Allgäu Comets, bei dem ihre Verteidigung in der zweiten Hälfte das Unmögliche möglich machte: den Gesamtsieg im direkten Vergleich gegen die Allgäuer, bei denen man das Hinspiel 28:52 verloren hatte.

Vor allem Ben Rashid (4,5 Quarterback Sacks gegen die Comets) wird man in Schwäbisch Hall nun genauer ins Auge nehmen müssen. Die Unicorns hatten sich zu Saisonbeginn nur hauchdünn gegen die Allgäuer durchsetzen können. Letzte Woche in München war man von der Dominanz früherer Jahre ein gutes Stück entfernt. Im ersten Viertel holte man den Vorsprung heraus, von dem man bis zum Ende und dem 42:35 zehrte. Doch anders als von den Unicorns eigentlich gewohnt, wurde der frühe Vorteil nicht genutzt, um das Spiel zu diktieren, sondern die Haller ließen Touchdown um Touchdown des Gegners zu. Noch in der Schlussminute musste ein Pass zum möglichen Ausgleich abgewehrt werden.

Gewarnt sind die Haller in jedem Fall. Die Ravensburger, die auswärts allerdings noch nicht gewonnen haben, können wiederum ohne Druck auflaufen, die Bastion des OPTIMA Sportparks gilt für Süd-Konkurrenten doch generell als ziemlich uneinnehmbar. Dafür lockt die Aussicht auf die anschließenden vier Heimspiele in Serie. Ob mit oder ohne Sensation im Gepäck: Da eröffnet sich für die ifm Razorbacks ihre Chance auf die Playoffs.

Wer ihre Hauptkonkurrenten werden, zeigt sich in den beiden Bayern-Derbys des Wochenendes. Am Samstag reisen die Munich Cowboys zum Rückspiel zu den Kirchdorf Wildcats, sonntags treffen Allgäu Comets und Straubing Spiders in Kempten aufeinander. Bis auf den Kirchdorfer Aufsteiger haben alle bayerischen Teams identische 2:2-Bilanzen. Im Aufwind scheinen die Straubing Spiders, die sich nach ihrem Sieg im Saarland nun sicherlich gern an den ifm Razorbacks ein Beispiel nehmen und auch die Comets bezwingen wollen. Kirchdorf will in der heimischen In(n) Energie Arena Revanche für die 14:21-Niederlage im Hinspiel in München nehmen.

Auch bei den beiden Nord-Duellen liegen drei der beteiligten Teams in der Tabelle gleichauf. Paderborn Dolphins und New Yorker Lions, die zur Revanche für den 10:7-Hinspielsieg der Dolphins nun in Paderborn zusammen kommen, haben ebenso jeweils zwei Siege und drei Niederlagen wie die Kiel Baltic Hurricanes. Die Kieler reisen zu den Hildesheim Invaders, derzeit Tabellendritter mit 4:1 Siegen.

Für Hildesheims Cheftrainer Marcus Herford ist es einerseits ein Wiedersehen mit seinem Ex-Klub, die Baltic Hurricanes waren für ihn die erste Trainerstation in Europa im Jahr 2016. Andererseits gibt es keinen Raum für Sentimalitäten: Den Hildesheimer Aufsteigern winkt bei einem Sieg schon einmal der vorläufige Sprung auf Rang zwei der ERIMA GFL Nord, weil man den Verlierer des Potsdamer Spitzenspiels überholen würde.

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