Am ersten August-Wochenende blickt die ERIMA GFL zunächst vor allem nach Dresden: Die Dresden Monarchs empfangen am Samstag die New Yorker Lions aus Braunschweig zum ersten ihrer beiden wichtigen Heimspiele des Monats. Der aktuelle ERIMA-GFL-Nord-Tabellendritte ist eigentlich der „heimliche Tabellenführer“: nach Minuspunkten gleichauf mit Potsdam und Braunschweig und im Hinspiel in Potsdam siegreich gewesen.
Untermauert werden müsste dies mit dem Erfolg gegen die New Yorker Lions, vor allem weil es für die Sachsen in der Punktrunde nur dieses eine Aufeinandertreffen mit dem Rekordmeister geben wird. Eine Niederlage hier wäre praktisch nur zu kompensieren, wenn Dresden zwei Siege mehr als die Braunschweiger landen könnte. Da die New Yorker Lions danach dreimal zu Hause spielen und nur noch einmal auswärts, wird man sich darauf bei den Monarchs kaum verlassen.
Zumal es andersherum fast ähnlich gilt: Auch die Braunschweiger bräuchten – zusätzlich belastet durch ihre Niederlage gegen Potsdam – erhebliche Schützenhilfe von anderswo, sollten sie sich nicht in Dresden durchsetzen können. Höchstwahrscheinlich also wird der Sieger vom kommenden Samstag sich auf ein Heimspiel im Viertelfinale in den Playoffs zum ERIMA GFL Bowl am 14. Oktober in Essen vorbereiten können.
Wie immer – aktuell und oft in der Vergangenheit – wenn die Braunschweiger beteiligt sind, wird dies auch ein Kampf der Football-Philosophien: Offense gegen Defense. Mit deutlichem Abstand von um die 30 Prozent auf den Nächstplatzierten hat die Verteidigung der New Yorker Lions im bisherigen Saisonverlauf die wenigsten Yards Raumgewinn und die wenigsten Punkte zugelassen. Einmal allerdings scheiterte sie: beim Auswärtsauftritt bei Vizemeister Potsdam Royals, der den Braunschweigern mit 40:33 das Nachsehen gab.
Daraus wird man in Dresden seine Schlüsse gezogen haben. Der Angriff der Königlichen hat bisher über 480 Yards Raumgewinn pro Spiel geholt, war damit noch effektiver als die Konkurrenz aus Potsdam. Vor allem Receiver Austin Mitchell nimmt mit weit über 1.000 Yards Raumgewinn nach nur sechs Spielen in der ERIMA GFL eine klare Ausnahmestellung ein, die noch extremer ausfällt als die Übermacht der Braunschweiger Verteidigung gegenüber der Konkurrenz. Mitchell verbucht fast doppelt so viel Raumgewinn pro Spiel wie der nächstbeste Receiver der Nord-Gruppe Bryce Goggin (Berlin Rebels), sein Quarterback Steven Duncan satte 50 Prozent mehr als Potsdams Spielmacher Jaylon Henderson.
Ob die New Yorker Lions dem einen Riegel vorschieben können, wird von zentraler Bedeutung für den Ausgang des Duells in Dresden. Dies ist am Wochenende das einzige direkte Aufeinandertreffen zweier heißer Endrunden-Anwärter – Playoff-Implikationen haben aber in dieser Phase der Saison nahezu alle Spiele. Tabellenführer Potsdam Royals reist schließlich mit dem festen Ziel zu Aufsteiger Paderborn Dolphins, dort ebenso wie die Monarchs vergangene Woche die Punkte zu holen. Vor dem eigenen Auswärtsspiel in Dresden Ende des Monats sollen die Chancen auf Rang eins nicht durch unliebsame Überraschungen geschmälert werden.
Die Paderborn Dolphins haben seit ihrem Heimsieg gegen die Berlin Rebels selbst Aussichten auf Rang vier, was die Berliner in ihrem Heimspiel gegen die Kiel Baltic Hurricanes in Zugzwang bringt. Für Kiel ist es das vierte Spiel in Folge gegen eines der beiden Hauptstadt-Teams. Noch hat es nicht zu einem Sieg gereicht, doch waren die Kieler phasenweise dicht dran an einem Erfolg. Die Rebels kommen aus ihrer Sommerpause mit einem personell an einigen Stellen dezimierten und veränderten Kader zurück. Siege gegen Kiel und die Woche darauf gegen Paderborn zu Hause dürften Pflicht sein, um den Playoff-Platz zu sichern.
Das erste Team kann am Sonntag seinen Playoff-Platz in der ERIMA GFL 2023 endgültig sichern: Süd-Tabellenführer Allgäu Comets wäre mit einem Sieg über die ifm Razorbacks Ravensburg auch theoretisch nicht mehr von den Endrundenrängen zu verdrängen. Nach dem nur knappen Sieg in Marburg und der Heimniederlage gegen Schwäbisch Hall hatte die Konkurrenz sich schon Hoffnungen gemacht, den Allgäuern könnte ein wenig die Puste ausgehen. Im Rückspiel gegen Marburg im Kemptener Illerstadion fegten Quarterback Javarian Smith und seine Receiver mit sieben Touchdown-Pässen allerdings wieder einmal über den Platz und werden dies gegen die Ravensburger Gäste fortsetzen wollen.
Die Konkurrenz bleibt ihnen dicht auf den Fersen. Meister Schwäbisch Hall Unicorns ließ dem Triumph in Kempten den wichtigen Hinspielsieg gegen die Saarland Hurricanes folgen. Nun folgen vier Partien gegen die Teams der unteren Hälfte der Gesamttabelle der ERIMA GFL Süd. „Wir werden nicht den Fehler machen und die Spiders unterschätzen,“ fasst Halls Offense-Coach Felix Brenner die Sorgen im Trainerstab zusammen, die Mannschaft könnte nach den zwei Erfolgen gegen die übrigen Top-Teams die kommenden Wochen auf die leichte Schulter nehmen.
Die Straubing Spiders haben in den letzten Wochen unter anderem zuerst mit Michael Breuler einen erfahrenen Receiver noch neu verpflichtet, sich nun aber vom bisherigen Quarterback Christopher Robison getrennt. Für den Rest der Saison will man auf Alex Biebl als Spielmacher vertrauen, der im Frühjahr für die Lisboa Lions in der portugiesischen Liga gespielt hatte und nun nach Straubing zurückkehrt.
Für die Spiders könnte es theoretisch noch nach oben auf Rang vier gehen. Nach den beiden Niederlagen gegen Ingolstadt ist die Gefahr aber größer, dass man sich mit der Relegation beschäftigen muss. Drei Heimspiele im „Spider Dome“ bleiben – allerdings gegen die drei Top-Teams des Südens. Mit dem bekannt begeisterungsfähigen Publikum im Rücken müsste man im Grunde nur einmal über sich hinauswachsen, dann wäre in Kombination mit den gewonnenen Direktvergleichen gegen München und Ravensburg das Abstiegsgespenst wohl vertrieben.
Dies hat derzeit sein Zuhause in Marburg und geht gemeinsam mit den Mercenaries am Sonntag auf die Reise in den Ludwigspark in Saarbrücken. Auch die Marburger bräuchten einmal einen Tag, an dem alles für sie passt. Vielleicht haben die Saarland Hurricanes sich von der Niederlage in Schwäbisch Hall ja noch nicht erholt? Auf dem Papier bleiben sie gegen die Gäste aus Hessen sicherlich Favorit, aber ihre Aussichten auf Rang zwei oder gar eins sind nun nur noch gering. Das birgt ein wenig die Gefahr, den Fokus zu verlieren und dann auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.