Halbzeit in der ERIMA GFL: Nach acht Wochen legt die deutsche Bundesliga im American Football eine Sommerpause von einem Wochenende ein, ehe es in den kommenden acht Wochen in den Endspurt um die Playoff-Plätze geht. Die Playoffs werden am 23./24. September im Viertelfinale und am 30. September/1. Oktober im Halbfinale gespielt. Am 14. Oktober geht es dann in Essen um die 44. deutsche Meisterschaft.
Gelegenheit, einen Blick auf die chancenreichsten Anwärter auf diesen Titel zu richten. Nach acht Wochen ist keine Mannschaft in der gesamten Liga noch ungeschlagen. Das hat es seit acht Jahren nicht mehr gegeben und überhaupt in den letzten 15 Spielzeiten nur ganze drei Mal.
In der ERIMA GFL Süd mussten die Schwäbisch Hall Unicorns nach zuletzt sechs „Perfect Seasons“ in der Punktrunde in Folge 2023 gleich zum Auftakt in der Neuauflage des Finales eine Niederlage gegen die Potsdam Royals hinnehmen. Dafür gewannen die Haller im letzten Spiel vor dem „Summer Break“ aber in Kempten gegen das bis dahin letzte noch ungeschlagene Team Allgäu Comets.
Im Norden wiederum kassierte Vizemeister Potsdam Royals Ende Juni die Heimniederlage gegen die Dresden Monarchs, die zuvor von den Berlin Rebels vor über 10.000 Zuschauern selbst auf dem falschen Fuß erwischt worden waren. Letztes ungeschlagenes Team waren damit dort die New Yorker Lions aus Braunschweig. Anders als den Dresdnern gelang es ihnen aber nicht, einen offensiven Shootout in Potsdam zu überstehen, sodass die Royals aus der brandenburgischen Landeshauptstadt nun mindestens bis zum 6. August alleiniger Tabellenführer der ERIMA GFL Nord sind.
Jedenfalls sofern man auch die direkten Vergleiche und nicht nur Plus- oder Minuspunkte berücksichtigt. In der ERIMA GFL entscheidet am Ende unter punktgleichen Mannschaften das kombinierte Gesamtresultat aller Spiele untereinander über die Platzierung. So können die New Yorker Lions (bisher ein Spiel weniger als die Potsdamer) allein durch einen Sieg in München in ihrem nächsten Spiel ihren Nachteil noch nicht wettmachen.
Und weil zugleich im Spielplan nur gegen jeweils eine Hälfte der Gruppengegner Hin- und Rückspiele vorgesehen sind, gegen die andere Hälfte nur je eine Partie, waren die Siege von Potsdam gegen Braunschweig und auch von Schwäbisch Hall gegen Allgäu besonders wichtig: In beiden Fällen gibt es kein Rückspiel. Beenden diese Teams die Punktrunde Mitte September punktgleich, geben genau jene Spiele den Ausschlag.
Dieses Szenario ist gar nicht so unwahrscheinlich, wie der Ausblick auf die kommenden zwei Monate zeigt. Und vielleicht geht es in beiden Fällen da auch um den Gruppensieg. Wobei im Norden mit den Dresden Monarchs und im Süden mit den Saarland Hurricanes ein möglicher „lachender Dritter“ bereit steht. Die Dresdner sind im Norden derzeit nach Minuspunkten punktgleich mit Braunschweig und Potsdam, empfangen die New Yorker Lions noch zum einzigen und die Royals zum Rückspiel auf eigenem Platz.
Im Süden sind die Hurricanes punktgleich mit Schwäbisch Hall, verloren aber bereits zum Auftakt ihr einziges Spiel gegen die Allgäu Comets. Ende Juli fahren sie nach Schwäbisch Hall und spielen am letzten Spieltag im September noch zu Hause gegen die Unicorns.Ob es da noch um den Gruppensieg gehen kann, hängt vom weiteren Auftreten der Allgäu Comets ab. Während im Norden die drei Erstplatzierten ihr Schicksal komplett in der eigenen Hand haben – allein mit eigenen Siegen Platz eins sichern würden -, gilt dies im Süden nur für die Comets. Die Allgäuer haben jedoch nur noch zwei Heimspiele und sind ab Mitte August viermal auf Reisen: zu allen drei bayerischen Ligakonkurrenten und zum Interconference-Gastspiel in Braunschweig.
So zeichnet sich ab, dass der Gesamtsieger der beiden Spiele zwischen Schwäbisch Hall und Saarland wohl ein Viertelfinale zu Hause spielen dürfte. Ob es reicht, die Allgäuer noch abzufangen, um als Gruppenerster danach auch im eventuellen Halbfinale nicht reisen zu müssen, dies liegt in der Hand der Comets. Die Unicorns benötigen mindestens noch eine Niederlage der Allgäuer, die Saarländer zwei – und dazu jeweils den Doppelerfolg in Hin- und Rückspiel untereinander.
Dahinter stehen die Ingolstadt Dukes nach ihrem Hinspielerfolg in Straubing vorerst gefestigt auf Rang vier – haben aber zweimal gegen Schwäbisch Hall und das Hinspiel gegen Saarland verloren. Höhere Ambitionen scheint dies zu limitieren, dank ausstehender vier Heimspiele gegen Straubing, Saarland, Kiel und am Ende Allgäu verheißt es aber gute Aussichten, auch am Ende mindestens Vierter zu sein. Für die Teams dahinter, die mit Ausnahme Marburgs bereits gegen Ingolstadt verloren haben, wird es schwer, die Dukes noch abzufangen.
Die Marburg Mercenaries müssen nach zwei Niederlagen gegen München und einer gegen Ravensburg fürchten, in die Relegation zu müssen. Zu vermeiden ist dies wohl nur noch mit Erfolgen in den kommenden Spielen gegen Playoff-Anwärter oder mit einem Sieg im Rückspiel zu Hause gegen die ifm Razorbacks Ravensburg (26:21-Hinspielsieger) mit mehr als fünf Punkten Vorsprung.
In der ERIMA GFL Nord entscheiden über die Rangfolge auf den ersten drei Plätzen mutmaßlich die Spiele in Dresden im August gegen Braunschweig und Potsdam. Mit zwei Heimsiegen wären die Monarchs da auf bestem Wege zum Platz an der Sonne. Allerdings muss der Meister von 2021 noch vier Auswärtsspiele bestreiten. Nicht nur beim heimstarken Aufsteiger aus Paderborn, sondern zweimal in Berlin und Kiel gegen Mannschaften, die den Monarchs jeweils in traditionellen Rivalitäten besonders verbunden sind – mit dem enstprechenden Überraschungspotenzial.
Sowohl für Potsdam als auch Braunschweig ergibt sich dennoch die Notwendigkeit, in jedem Fall in Dresden gewinnen zu müssen. Wie für die Monarchs gilt auch für sie, dass Platz eins der eigene Anspruch sein sollte. In die anderen Spiele mag man als Favorit gehen, doch nach Niederlagen in Dresden droht beiden der Rückfall auf Rang drei in der Abschlusstabelle und damit eine Auswärtsreise zum Viertelfinale, vor allem nun den New Yorker Lions nach deren Niederlage in Potsdam.
Um Rang vier dahinter bewerben sich derzeit vor allem die Berlin Rebels, die allerdings in den Rückspielen daheim gegen Kiel und Paderborn ihren Playoff-Anspruch mit Siegen noch unterfüttern müssen. Aufsteiger Paderborn Dolphins gewann gegen sie das Hinspiel. Damit bleibt man trotz anstehender Spiele gegen Dresden und Potsdam erst einmal noch länger im Rennen. Umso wichtiger wird für die Rebels ein Heimerfolg gegen die Kiel Baltic Hurricanes: Denn damit würden sie neben Paderborn vor allem den Lokalrivalen Adler unter Zugzwang setzen. Nach dem von den Rebels gewonnenen Lokalderby zum Auftakt hätten die Adler dann nur noch Chancen auf die Playoffs, wenn sie in einem ihrer ausstehenden Spiele gegen Braunschweig, Potsdam oder Dresden siegen könnten.