Sieben Wochen noch, dann werden die Playoff-Teilnehmer der ERIMA GFL für 2023 feststehen. In beiden Gruppen haben die ersten drei in der Tabelle jeweils vier Minuspunkte Vorsprung auf ihre Verfolger, liegen dahinter im Rennen um Rang vier aber mehrere Mannschaften im Pulk dichtauf. Naturgemäß nimmt da im Sommer die Zahl der Spiele zu, bei denen für einen oder beide Kontrahenten der Erfolg der gesamten Saison auf dem Spiel steht.

Schließlich geht es – jedenfalls für die Spitzenteams – nicht nur darum, die Playoffs zu erreichen. Jeder Tabellenplatz weiter oben beschert eine bessere Ausgangslage, am Ende tatsächlich den ERIMA GFL Bowl am 14. Oktober in Essen erreichen zu können. Und wenn man es dann gewohnt ist (wie der amtierende Meister Schwäbisch Hall Unicorns nun schon seit 2009), sämtliche Playoff-Spiele zu Hause zu spielen, stellt die Aussicht auf eine oder gar zwei mögliche Auswärtsreisen im September ja keine bevorzugte Variante dar.

Noch können die Unicorns erneut Rang eins im Süden holen, benötigen trotz des Sieges im Allgäu aber dazu Schützenhilfe. Jetzt geht es für die Haller erst einmal darum, mindestens Platz zwei und damit das Heimrecht im Viertelfinale zu sichern. Konkurrent sind da die Saarland Hurricanes, und das erste der beiden Aufeinandertreffen gibt es am 29. Juli im Haller Optima Sportpark.

Wie auch die Unicorns (Juniorenmeister 2016) bauen die Saarland Hurricanes (Juniorenmeister 2013) – auch geografischen Gründen geschuldet – stark auf eigene Nachwuchsarbeit. Dies zeigt sich auch in diesem Jahr in ihrem explosiven Angriffsspiel. Die Bälle verteilt zwar der Amerikaner Robert Rowell, dies bei Pässen mit einer Erfolgsquote von nahezu 70 Prozent höchst effektiv und oft auch auf seinen Landsmann James Brania. Gerade bei den entscheidenden Touchdown-Spielzügen aber fußt das Erfolgsgeheimnis der Saarländer auf den vielen deutschen Receiver-Eigengewächsen, die Rowell auf der gesamten Breite des Feldes Optionen eröffnen.

Schwäbisch Halls Head Coach Christian Rothe hat als Marschrichtung für das Spiel ausgerufen, sein Team werde kontinuierlich punkten müssen, um Platz zwei von den Hurricanes übernehmen zu können. Da schwingt ein wenig Sorge mit, denn erst einmal in diesem Jahr gelangen der Unicorns-Offense mehr als 30 Punkte, die Hurricanes schafften dies in allen bisherigen Partien. Dennoch steht für sie noch ein bisschen mehr auf dem Spiel, denn zum Saisonauftakt hatten 48 eigene Punkte nicht genügt, um die Allgäu Comets zu bezwingen. Die Chance auf Rang eins ist noch da, aber eine weitere Niederlage ließe sich wohl nicht mehr kompensieren.

Außer dem Zweiten und dem Dritten treffen im Süden auch der Vierte und der Fünfte aufeinander. Wenn die Ingolstadt Dukes die Straubing Spiders empfangen, geht es also ganz direkt um die Frage „Playoffs, ja oder nein?“ Das Hinspiel entschieden die Audi-Städter in Straubing mit 45:28 für sich und haben auch die jeweiligen direkten Vergleiche gegen München und Ravensburg gewonnen. Ein Erfolg im Rückspiel wäre also die halbe Miete für die Playoff-Qualifikation.

Doch plagen die Ingolstädter Verletzungssorgen, und dass man als erstes ERIMA-GFL-Team dieses Jahr gegen Marburg verloren hat, trägt nicht zur Beruhigung bei. „Die Straubinger haben jetzt drei Wochen Pause gehabt, und wir sind in Marburg in der zweiten Halbzeit dominiert worden“, warnt Head Coach Eugen Haaf eindrücklich davor, die auf den ersten Blick günstige Tabellenkonstellation zu überschätzen.

Middle Linebacker Markus Stark fehlt den Dukes schon länger, in Marburg musste sein Vertreter Alex Langgartner vorzeitig verletzt vom Platz, was der Defense den erfahrenen Lenker nehmen könnte. Die beeindruckenden Pass-Statistiken, die Quarterback Matthew Weimer auf Augenhöhe mit den Allgäu Comets und auch den Spitzenteams im Norden bislang produzierte, relativieren sich: Von den Top-Receivern der Dukes sind momentan nur noch Gabe Boccella und Sven Beyrich einsatzfähig. Hinzu kommt, dass der Gegner aus Straubing natürlich sehr genau weiß, dass ein Sieg in Ingolstadt die wohl letzte Chance ist, noch das Saisonziel der Viertelfinalteilnahme zu erreichen, und dementsprechend alles geben wird.

Auch die Tabellennachbarn dahinter spielen direkt gegeneinander, wenn die Munich Cowboys nach Ravensburg reisen. Für die ifm Razorbacks war der Erfolg Marburgs gegen Ingolstadt eine zweischneidige Sache. Die theoretische Chance auf die Playoffs ist nun größer. Gleichzeitig nahm jedoch die praktische Gefahr des Abstiegs zu. Will man ein Entscheidungsspiel um die Relegationsteilnahme in Marburg Ende August vermeiden, sollten besser zwei Siege gegen die Munich Cowboys her. Für die Münchner gilt Ähnliches in abgeschwächter Form. Die zwei Siege im direkten Vergleich gegen Marburg bieten immerhin ein gewisses Sicherheitspolster, und den Blick nach oben dürfte man angesichts des ansonsten schweren Restprogramms nur im Stillen wagen.

Im vierten Süd-Spiel empfängt Spitzenreiter Allgäu Comets den Tabellenletzten Marburg Mercenaries. Klare Sache also? Marburgs erster Sieg und Allgäus erste Niederlage haben die Vorzeichen leicht verschoben. Die Comets dürfen sich nach dem verlorenen direkten Vergleich gegen die Unicorns und vor einer später folgenden Auswärtsreise nach Braunschweig keinerlei Ausrutscher leisten. Ob die Mercenaries ähnlich unter Druck stehen, werden sie am Sonntag mit dem Resultat vom Samstags-Spiel in Ravensburg bereits wissen. Mit einer Leistung wie in der zweiten Hälfte gegen Ingolstadt letzte Woche braucht man sich in Kempten aber keinesfalls verstecken.

In der ERIMA GFL Nord gibt es am Sonntag ähnliche Vorzeichen: Da ist der Meister von 2021 aus Dresden zu Gast bei Aufsteiger Paderborn. Auch die Monarchs dürfen sich keinen Ausrutscher erlauben, wenn sie in den späteren Heimspielen gegen Potsdam und Braunschweig noch um Rang eins spielen wollen. Die Paderborn Dolphins wiederum können nur positiv überraschen. So oder so kann man selbst noch die Playoffs erreichen, was vor allem aber in den kommenden Auswärtsspielen in Berlin entschieden werden dürfte.

Auch in Paderborn wird man ein Samstags-Resultat schon kennen, denn tags zuvor empfangen die Kiel Baltic Hurricanes die Berlin Adler. Die Berliner brauchen nach dem Hinspielerfolg auch in Kiel beide Punkte, um den eigenen Ansprüchen, zum einen vor dem Lokalrivalen Rebels zu landen und zum anderen die Endrunde zu erreichen, noch gerecht zu werden. Kiel könnte aber – wenn man anders als in Berlin die Ballverluste vermeiden würde – hier ein Wörtchen mitreden wollen.

Ähnlicher Artikel