Schützenfest gegen Schottland, zwei Tore gegen Ungarn – bei der Fußball-EM in Deutschland überzeugt der Gastgeber offensiv. In prächtiger Angriffslaune präsentieren sich aber auch die Mannschaften der ERIMA GFL in dieser Saison. Knapp 60 Punkte pro Spiel gab es bisher zu sehen, mit etwa sieben Touchdowns im Durchschnitt dabei eigentlich mehr Anlass zu Jubel als in jedem der Fußball-EM-Spiele bisher.

Am 22. und 23. Juni wird es in fünf Partien die nächsten Touchdowns in der Bundesliga im American Football geben. Der punkthungrige Titelverteidiger Potsdam Royals pausiert zwar, seine Hauptkonkurrenten auf die Meisterschaft sind am Wochenende aber am Start. Für die Schwäbisch Hall Unicorns, letztes Jahr Finalgegner der Potsdamer und ungeschlagen bereits wieder Tabellenführer der ERIMA GFL Süd, geht es auf die Reise ins Münchner Dantestadion.

Seit 16 Jahren warten die Munich Cowboys inzwischen auf einen Erfolg gegen die Haller. Als einer der ältesten Football-Vereine Deutschlands hatte das „Grand Ol’ Team of the South“ in den 90er Jahren eine Meisterschaft gefeiert und zu Beginn der 2000er Jahre noch einmal zwei ungeschlagene Spielzeiten in der Süd-Gruppe absolviert. Doch ein Jahr danach (und exakt nach der ersten Haller Erstligasaion 2001) folgte der erste zwischenzeitliche Abstieg der Cowboys.

In der ERIMA GFL sind die Münchner inzwischen wieder etabliert, starteten auch mit zwei Siegen gegen bayerische Konkurrenten in die Saison zu ihrem 45-jährigen Vereinsjubiläum. Doch folgte eine Niederlage in Ravensburg, und das „Team to beat“ im Süden sind schon lange die Schwäbisch Hall Unicorns. Auch diesmal eine zu hohe Hürde für die Cowboys? Deren Defense überzeugte bisher, kassierte die wenigsten Gegenpunkte aller Süd-Teams. Doch nun kommen die Unicorns, die in zwei ihrer drei Spiele die 50-Punkte-Marke knackten.

Das ist den Dresden Monarchs in dieser Saison noch nicht gelungen. Der Tabellenzweite aus dem Norden ist unter den Top-Favoriten der Liga dafür der, der hinten am wenigsten zuließ. Jeweils nur einen Touchdown pro Spiel erlaubten die Dresdner ihren drei Gegnern bei den bisherigen Siegen. Nun kommen die Berlin Adler nach Sachsen, mit denen die Monarchs eine innige Rivalität aus ihren frühen Bundesligajahren pflegen. Ein bisschen ist es wie mit München und Schwäbisch Hall: Während die Dresden Monarchs ihren Weg an die Spitze nahmen, begann der Stern der Adler zu sinken.

Zuletzt haben sie sich mit drei Siegen in Folge aber vorerst wieder in die Playoff-Ränge geschoben. Im verjüngten Team überzeugt unter anderem Chrisman Kyei in seiner Debütsaison in der ERIMA GFL. Der 19-Jährige ist bislang der effektivste Running Back der Nord-Gruppe, mit etwas über 72 Yards pro Spiel und mindestens einem Touchdown in jedem Adler-Spiel außer dem in Potsdam. Nun allerdings geht es gegen die stärkste Verteidigung der Liga. Die Defensive Line der Monarchs ist nicht nur mit drei Quarterback Sacks pro Spiel Ligaspitze. Sie erwischt auch andere gegnerische Balllträger häufig bereits hinter der Anspiellinie – schon 22 Mal in drei Spielen bisher.

Mit solchen Werten kann die Berliner Verteidigung nicht aufwarten, und auch beim Interconference-Spiel der Woche am Samstag in Völklingen zwischen Saarland Hurricanes und New Yorker Lions werden zwei Defenses zu sehen sein, die unterschiedlich in die Saison gestartet sind. Die Saarländer erlaubten den Gegnern mehr als 400 Yards pro Spiel, die Verteidiger der New Yorker Lions betrieben beim Rekordmeister ein wenig Schadensbegrenzung, ehe es nach drei Niederlagen zum ersten Saisonsieg im ersten Interconference-Spiel gegen Kirchdorf langte.

Die beiden Playoff-Teilnehmer des Vorjahres liegen vorerst weit zurück in den Tabellen. Abgerechnet wird aber erst zum Schluss, und gerade bei den New Yorker Lions setzt man gern auf die zweite Saisonhälfte. Scheibchenweise wurde das Team nun Woche für Woche verstärkt. Erst kam Donovan Isom als neuer Quarterback, dann ein weiterer US-Amerikaner mit Linebacker Gee Stanley und nun noch der britische Running Back Tyrrell Bovelle. Ob der Braunschweiger Angriff schneller den Weg aus der Krise findet oder die Defense der Hurricanes, zeigt sich am Samstag.

Den New Yorker Lions winkt bei einem Sieg zumindest der Sprung vom letzten Platz der Nord-Tabelle. Denn in Kiel geht es zeitgleich zwischen Kiel Baltic Hurricanes und Berlin Rebels zur Sache. Den Kielern ist nach ihrem Auftaktsieg gegen Braunschweig kein weiteres Erfolgserlebnis vergönnt gewesen. Niederlagen gegen Potsdam und Dresden sind allerdings kaum der Maßstab für die Mannschaften, die im Norden um die übrigen Playoff-Plätze spielen.

Die Rebels konnten Potsdams Angriff schließlich ebenso wenig bändigen. So warten die Berliner weiter auf den ersten Saisonsieg gegen einen Nord-Konkurrenten. Nach Niederlagen gegen Hildesheim und die Adler wäre ein Sieg in Kiel nun Pflicht, um die Playoff-Ambitionen aufrecht zu erhalten. Was andersherum für die Kieler ebenso gilt und vielleicht sogar noch mehr: Es gibt kein Rückspiel, in dem der verlorene direkte Vergleich ausgebügelt werden könnte, in den nächsten Spielen wird es für beide nicht gerade leichter. Nach einer Niederlage wären die Hoffnungen auf einen Platz im Viertelfinale nur noch klein.

Für die Kieler heißt es also, einen Weg zu finden, den laufstärksten Quarterback der ERIMA GFL Nord, Berlins Tyquell Fields, zu stoppen. Noch härter wird die Aufgabe für die Defense der ifm Razorbacks Ravensburg. Denn am Sonntag kommen die Allgäu Comets an den Lindenhof, und deren Spielmacher Xeavier Bullock ist nicht nur mit 83,3 Lauf-Yards pro Partie der laufstärkste Quarterback der gesamten Liga. Sondern so ganz „nebenbei“ mit 412,7 Yards pro Spiel auch der Top-Passer. Im Hinspiel in Kempten siegten die Allgäuer mit 52:28.

Aber immerhin: Dies war der bisher „schwächste“ Auftritt ihres Angriffs, die Ravensburger setzten mit drei Quarterback Sacks und zwei abgefangenen Pässen ihre Nadelstiche gegen den Angriffslenker der Comets. Und vielleicht hilft ja auch der Heimvorteil: Die vier Niederlagen in der Saisonbilanz der ifm Razorbacks sind ja auch dem Umstand geschuldet, dass man schon viermal auf Reisen war. Im ersten Heimspiel vor zwei Wochen gelang prompt der erste Sieg gegen die bis dahin ungeschlagenen Munich Cowboys. Um ein Haar hätte es in Hildesheim danach auch auswärts geklappt, erst in der Verlängerung musste man sich dort geschlagen geben.

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