Dies kristallisiert sicher immer mehr als die entscheidende Frage für die Entscheidung heraus, wann und ob überhaupt in dieser Saison American Footballspiele in der German Football League gespielt werden können.
Großveranstaltungen sind bis zum 31.08.2020 verboten, das AFVD Präsidium hat aktuell mit einer Allgemeinverfügung beschlossen, den gesamten Spielbetrieb in Deutschland in jeglicher Form inklusive Scrimmages bis zum 03.05.2020 auszusetzen. Einige Länder haben ihren Spielbetrieb bereits komplett abgesagt, auch die NFL erwägt Spiele ohne Zuschauer.
GFL Sprecher und Vizepräsident des American Football Verbandes Hessen (AFVH), Carsten Dalkowski äußert sich im Gespräch mit Holger Weishaupt (american-football.com) zu diesen aktuellen Entscheidungen.
Gibt es konkrete Informationen, ab wann eine Veranstaltung als Großveranstaltung zählt? Momentan kursieren dazu alle möglichen Zahlen.
Es gibt keine flächendeckend verlässlichen oder belastbaren Daten. Zunächst auch weil diese Definition Ländersache ist. Einige Länder definieren dies bereits ab 1.000 Zuschauern, andere ab 5.000 Zuschauer.
Neulich bestand noch die kleine Hoffnung, mit der GFL an Pfingsten starten zu können, dies scheint nun nicht mehr realisierbar?
Das ist vermutlich die Realität. Offiziell kann es aufgrund der Erlasslage noch keine offizielle Absage der geplanten GFL Saison (mit 14 Spieltagen plus Playoffs und German Bowl) durch den Ligaträger geben. Aber die meisten Beteiligten halten nun einen Ligastart vor Mitte Juli aus gesundheitlichen, sportlichen aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten für nicht mehr vertretbar oder durchführbar. Das Präsidium, das GFL Ligadirektorium und auch der Krisenstab des AFVD stecken aktuell täglich die Köpfe zusammen, um eine balancierte Entscheidung treffen zu können, die alle rechtlichen, sportfachlichen und gesundheitlichen Aspekte der Sportler, Vereine und des Ligaträgers ausreichend berücksichtigt.
Der Verband ist im engen Kontakt mit der Sportabteilung des Hessischen Ministeriums für Inneres und Sport sowie dem Sportdezernat der Stadt Frankfurt, bis wann können wir mit weiteren Informationen rechnen?
Der organisierte Sport im Allgemeinem wurde bei der Konferenz der Regierungen am letzten Mittwoch mit keinem Wort erwähnt. Wir erwarten eigentlich in den kommenden zwei Wochen auch dort einen Dialog mit den Spitzenorganisationen wie DOSB, LSB und den Fachverbänden, damit es zum nächsten Termin am 30.04. auch im sportlichen Bereich Lockerungen geben kann. Ob es für Football schon Lockerungen geben wird, steht aber komplett in den Sternen und darf Stand heute zumindest angezweifelt werden.
Der bayrische Landesverband hatte bereits am 3. April angekündigt, dass der gesamte Ligabetrieb für 2020 ausgesetzt wird, falls die Ausgangsbeschränkungen in Bayern über den 19.04.2020 hinaus bestehen. Ist hier eine endgültige Entscheidung gefallen und was bedeutet das für die GFL?
Nach meinem Kenntnisstand berät der AFVBy gerade über konkrete Maßnahmen, die GFL ist von dieser Entscheidung als Lizenzliga des AFVD aber nicht betroffen. Sicherlich müssen aber auch hier die anderen südlichen Landesverbände mit ins Boot geholt werden, besonders aufgrund der gemeinsamen Regionalligen und den Aufstiegsmöglichkeiten in die GFL.
Thema GFL, wieviel Vorlauf wäre für die Teams notwendig, um bei einer positiven Entscheidung wieder das Training aufnehmen zu können und dann die Saison zu starten?
Nach Rücksprache mit den Teams der GFL ist hier einhelliger Konsens das mindestens 6 Wochen Vorlaufzeit benötigt werden, um nicht nur den sportlichen, sondern auch den organisatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Aus dieser Überlegung wurde ja auch der Termin an Pfingsten gewählt. Dieser Logik folgend wären wir – wenn wir denn keine Großveranstaltung im Sinne der Verordnung der Bundesregierung sind und ein positives Signal im Mai kommen würde – nun bei einem möglichen Ligastart im Juli.
Was wäre der spätestmögliche Zeitpunkt für solch einen Saisonstart, um zumindest eine verkürzte Saison zu spielen?
Mit dem German Bowl in der Frankfurter Commerzbank Arena Anfang Oktober wäre eine verkürzte Saison ab Mitte Juli oder auch August denkbar. Dies wird auch von den Teams der GFL und der GFL 2 mitgetragen. Hier ist das klare Signal der GFL Vereine an alle Partner, Fans und Sportler: ein Ausfall der Saison möchte grundsätzlich niemand erleben. Vorher gilt es alle anderen Möglichkeiten auszuloten. Hier werden intern natürlich diverse Modelle diskutiert, die sich an den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort orientieren. Hier wird die Zeit zeigen, welche Modelle realistisch sind. Unser Wunsch ist es, so viele Spiele wie möglich zu spielen und in einem fairen Spielplan unterzubringen.
Ist der geplante German Bowl Termin am 10. Oktober in Frankfurt die endgültige Deadline oder wäre auch eine Wintersaison mit späterem Endspiel denkbar?
Denkbar ist in der aktuellen Lage alles. Denkverbote gibt es nicht und Kreativität ist in allen Bereichen gefragt. Auch eine mögliche Verschiebung des German Bowl zur Absicherung einer sinnvollen GFL Saison ist bereits in den Gremien platziert worden. Die Signale aus dem Präsidium des AFVD waren da sehr ermutigend. Überhaupt muss ich sagen, dass der Umgang des AFVD Präsidiums und des Krisenstabs mit der GFL und der GFL 2 von erheblicher Hilfsbereitschaft und einem zielführenden, maßvollen und ruhigen Krisenmanagement geprägt ist.
Die sogenannten Geisterspiele wurden bereits als Option für die GFL abgelehnt, jetzt plant z. Bsp. die italienische Fussball Liga, alle Mannschaften zentral in Rom zusammenzuziehen und dann kompakt die Saison zu Ende zu spielen. Im Basketball und Handball gibt es ähnliche Überlegungen, wäre das auch für die Footballer eine Option?
Aufgrund der Teamgrößen im Football bringen uns solche Gedankenspiele nicht weiter. Ich glaube auch nicht, dass sich diese Forderungen in anderen Sportarten am Ende durchsetzen.
Als Präsident der Marburg Mercenaries sind Sie auch als Verein direkt betroffen, wie ist da aktuell die Stimmung im Verein und bei den Sponsoren?
Das ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Es gab schon sehr schöne und auch werthaltige Zusagen von einigen Partnern, über die wir uns natürlich besonders freuen. Allerdings muss man auch realisieren, dass es einigen Partner finanziell nicht gut geht und sie deswegen sicherlich auf ein weiteres Engagement verzichten werden. Hier wird es bestimmt noch Wochen dauern, bis sich ein vernünftiges Bild ergibt.
Die Stimmung im Verein ist mit „ruhig, aber angespannt“ zu beschreiben, denke ich. Es gibt sehr viele Fragezeichen für die Zukunft und niemand kann echte Antworten geben. Es heißt auch hier: Geduld bewahren, zusammenstehen, gemeinsam und solidarisch durch diese Krise.
Die GFL Teams sind inzwischen offiziell vom Land Hessen als „Profisport“ anerkannt worden. Damit dürften sie doch jetzt das Training in Kleingruppen wieder aufnehmen. Gibt es dafür bereits Pläne?
Die Anfrage beim Sportamt der Stadt Marburg ist natürlich gestellt. Sollten wir die notwendigen Hygienevorschriften einhalten können, würde einem – wie auch immer gearteten – Trainingsbetrieb sicher nicht mehr viel im Wege stehen. Allerdings sind die städtischen Anlagen in Hessen noch bis zum 03. Mai gesperrt und da wir keine eigenen Anlagen zum Trainieren haben, ist die Umsetzung am Ende wohl nicht möglich. Und ganz am Ende ist das im aktuellen Gesamtbild auch gut so. Wir fügen uns da den behördlichen Anordnungen. Ich möchte da den AFVD Präsident Robert Huber zitieren: „Football ist zwar unser Leben, es ist aber nicht das Leben.“
Abschließend bleibt die spannende Frage nach Ihrer persönlichen Einschätzung: Werden wir 2020 in irgendeiner Form American Football Spiele in Deutschland live erleben können?
Auch hier ein Zitat, diesmal von CFL Boss Randy Ambrosie: „Wir sind im Football pragmatische Optimisten“. Wir sind pragmatisch genug, um zu sehen, dass unsere Gemeinschaft noch weitere Opfer und harte Arbeit vor sich hat. Aber auch hoffnungsvoll genug, dass unsere Vereine noch in diesem Jahr den Fans und Partnern eine Liga, einen Spielbetrieb und einen German Bowl präsentieren können.
Bildquelle: Chris Haas, C-Sportpics