Nicht in vielen europäischen Ligen im American Football gilt tatsächlich das alte Bonmot aus den USA, dass „on any given Sunday anybody can beat anybody“. Die ERIMA GFL gehört jedoch dazu, auch wenn es in Potsdam zu Pfingsten ein Samstag war, als der bis dahin sieglose Aufsteiger Düsseldorf Panther den davor beinahe 24 Monate ungeschlagenen Meister Potsdam Royals mit 24:7 verblüffte.
Bis dahin hatten die Royals die Verletzung ihres vorgesehenen US-Spielmachers Tyrrell Pigrome vom Saisonbeginn stets wegstecken können. Auch gegen Düsseldorf stand ihre Defense lange sicher. Erstmals seit dem ERIMA GFL Bowl 2024 aber war der Angriff im letzten Viertel unter Erfolgszwang. Und wenn dann nicht alles passt, der Gegner konzentriert bleibt wie die Düsseldorfer und das Glück fehlt, fallen auch die weiteren Punkte auf der anderen Seite.
Für die Düsseldorf Panther ist dies mindestens ein Motivationsschub. Im nächsten Heimspiel gegen die Berlin Rebels am Sonntag kann man sich gleich am nächsten Playoff-Kandidaten versuchen. Übermütig werden wird man am Rhein nicht. Gerade beim ältesten existierenden Football-Club Europas weiß man sehr genau, dass jedes Spiel anders läuft, ein gewarnter Gegner eine hohe Hürde ist. Die Rebels reisen selbst mit der Empfehlung eines frischen 39:26-Sieges über Rekordmeister New Yorker Lions an.
Auch für die Potsdam Royals sollte die Niederlage ein Motivationsschub sein, wenngleich einer, auf den man gern verzichtet hätte. Bewahrt man klaren Kopf in Potsdam, weiß man schließlich, dass der Ausrutscher – wenn es bei dem einen bleibt – aufs Saisonresultat kaum Einfluss haben wird. Am letzten Spieltag im September werden die Potsdamer ein entscheidendes Match in Dresden spielen. Erst da dürfte sich entscheiden, wer in der Tabelle vor wem abschließt – so lange nicht eine der beiden Mannschaften vorher zweimal häufiger als die andere verliert.
Die Dresdener sind jetzt das letzte ungeschlagene Team des Jahres, was am Samstag in Braunschweig auf den Prüfstand gerät. Die New Yorker Lions waren vor der Corona-Pandemie über ein rundes Jahrzehnt der Brocken, an dem sich die Sachsen wieder und wieder die Zähne ausgebissen hatten, nicht nur im verlorenen Finale 2013. Seit 2021 allerdings gelang den Braunschweigern nur noch ein Sieg, als die Monarchs nach ihrem Titel von 2021 in der Saison 2022 ihren „Durchhänger“ hatten.
Nun bekommen die Braunschweiger bei ihrem nächsten Heimauftritt eine weitere Chance. Die Vorzeichen stehen nicht so günstig: Während die Monarchs letzte Woche gegen Hildesheim fehlerlos und souverän – auch und gerade in der Verteidigung – agierten, liefen die New Yorker Lions bei den Berlin Rebels im zweiten Spielviertel ergebnislos gegen eine starke Berliner Defense-Mauer an und später dem Rückstand nur noch hinterher.
Einen besonderen Akzent setzen am Samstag die Schwäbisch Hall Unicorns mit der Ausrichtung des Pink Bowls in der Aalener Centus-Arena. Die Förderung der Prävention von Brustkrebs ist seit Jahrzehnten Tradition für American-Football-Teams, erst in den USA und inzwischen weltweit. In speziellen Pink-farbenen Trikots werden die Unicorns unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auflaufen.
Ob sie bei der Planung vor der Saison die sportliche Brisanz der Partie gegen den Aufsteiger Pforzheim Wilddogs schon abschätzen konnten? Dass der aktuelle Tabellenführer der ERIMA GFL Süd „Headliner“ beim Pink Bowl in Aalen sein könnte, wird man gehofft haben. Dass es aber nicht die Unicorns, sondern die Wilddogs sind, die die Spitze Mitte Juni zieren, war nicht zu erwarten.
Doch auch die Pforzheimer kassierten wie Potsdam im Norden zu Pfingsten ihre erste Niederlage, ebenfalls zu Hause und gegen die bis dahin sieglosen ifm Razorbacks aus Ravensburg. Das kam nicht vollkommen unerwartet, Pforzheim schien auch wieder auf der Siegerstraße. Diesmal aber waren die Comeback-Versuche des Gegners hartnäckiger und am Ende erfolgreich.
Tabellenführer blieben die Wilddogs dennoch – für die Unicorns ging diesmal ein Spiel auf Augenhöhe ebenfalls andersherum aus als in den ersten Wochen. Die Defense der Allgäu Comets war erneut stark und blieb diesmal gar ohne Gegen-Touchdown. Nach dem 16:3 gegen Schwäbisch Hall fährt man optimistisch zum Bayern-Derby ins Dantestadion bei den Munich Cowboys. Licht und Schatten können aber auch hier dicht beieinander liegen: Auch die Cowboys-Defense hielt ihre Endzone zuletzt beim 24:0 in Straubing sauber, und München hatte selbst zum Auftakt in Schwäbisch Hall sehr dicht vor einem Sieg gestanden.
Die Ausgeglichenheit der Liga wird sich vermutlich auch in Hildesheim am Samstag und in Ravensburg am Sonntag dokumentieren lassen. In Hildesheim sind die Kiel Baltic Hurricanes zum Rückspiel zu Gast (Hinspiel 30:28 für die Invaders). Die ifm Razorbacks erwarten die Saarland Hurricanes. Nach dem ersten Saisonsieg ausgerechnet gegen Spitzenreiter Pforzheim will der Gastgeber und Vorjahres-Zweite nun in der Tabelle weiter nach oben klettern.