Mit Ersatz-Backup-QB heldenhaft gekämpft

Dramatik pur stand wieder auf dem Speiseplan, als die Allgäu Comets die Hildesheim Invaders zum ersten Mal als Gegner begrüßen durften. Der Auftakt des Dramas begann schon vorher, als klar war, dass QB Conor Regan wegen einer Verletzung am Fuß für das Hildesheim-Spiel ausfallen würde und LB Nils Striebich leider eine Season-ending-Injury erlitten hatte. Gute Besserung Nils!

Da Backup-QB Diego Hübner ebenfalls nicht verfügbar war, fasste sich US-WR Dr. Geoff Green ein Herz und schlüpfte in die ungewohnte Rolle des Spielmachers. Dank ausgezeichnetem Spielverständnis und fundierter Kenntnis des Angriffskonzepts erfüllte er diese Aufgabe in Anbetracht der Umstände mit Bravour.

Dramatik auch im ersten Viertel: Den ersten Drive bewegten die Invaders über das Feld und wurden von einer im Bodenbereich bissigst agierenden Comets-Defense mit LB-Talent Kevin Limmen im Zentrum gestoppt, als DL Jonathan Zinnecker dem gegnerischen Runningback das Leder-Ei entreißen konnte und sich DL Sven Köppl darauf warf. Doch wie gewonnen, so zerronnen, ausgerechnet der erste Snap misslang und kullerte wieder in Hildesheimer Arme. Diesen zurückgewonnenen Ballbesitz nutzen die Niedersachsen zur 0:7-Führung.
Dr. Green machte diesen Patzer aber umgehend wieder wett, als er den von Elias Kraljevic übergebenen Ball beim Punt-Return über sage und schreibe 83 Yards bis kurz vor die Endzone brachte und ihn wenig später selbst zum 7:7-Touchdown hineintrug. Vor allem der Wechsel vom sonst eher passlastigen Spiel zu einem von Läufen dominierten mit einem Ersatz-QB, der sich selber furchtlos ins Getümmel stürzte, stellte die Verteidigung der Hildesheimer das ganze Spiel vor arge Probleme.
Wegen einer der zahlreichen Strafen für die Gäste aus Niedersachsen (immerhin 145 Yards im gesamten Spiel!) war deren anschließender Touchdown nicht gültig und deren Drive endete mit einem Ballbesitzwechsel durch einen erneut von Jonathan Zinnecker freigeschlagenen Ball (durch Johannes „Jojo“ Wagner erobert). Die Comets konnten dies allerdings nicht in Punkte umwandeln, die Invaders erhöhten im Folgenden durch WR McDonald auf 7:13.

Der gelernte Widereceiver Daniel Näßler zeigte in diesem Spiel erneut und nachdrücklich, dass er ein großes Talent im defensiven Backfield ist: In vollem Lauf fing er einen gegnerischen Pass ab und trug diesen „Pick-Six“, das Meisterstück jeden DBs, zum TD in die Endzone.
Da die Invaders seit geraumer Zeit mit ihrem deutschen Backup-QB Hendrik Scharnbacher spielen, können sie gleichzeitig zwei US-Receiver einsetzen – der einzige Umstand, der in diesem Spiel die Comets-Defense vor große Probleme stellte. So war es auch WR McDonald, der zum 13:21 erhöhte.

Ganz stark war an dem Spieltag mit fast 300 Gesamt-Yards das Laufspiel der Comets, Natürlich auch, weil Dr. Green ständig selber zum Ballträger wurde, aber auch die beiden Runningbacks Patrick Welte und Lars Kozlowski bewegten beständig den Ball. So gingen die nächsten beiden Touchdowns auch wieder auf das Konto der Bodenoffensive. Zuerst Geoff Green und dann Lars Kozlowski brachten die Comets zum ersten Mal mit 25:21 in Führung. Da sich mittlerweile David King verletzt hatte, spielten die Comets alle Extrapunkte als 2-Point-Conversion aus, als Kicker sprangen zuerst Sven Köppl, dann TE Leon Knoop ein, als Punter fungierte Routinier Nic Haritonenko.

Aufgrund Schwächen in der Passgenauigkeit des Hildesheimer QBs konnten sowohl Daniel Näßler als auch DB Giovanni Scialdone im weiteren Verlauf gegnerische Bälle abfangen, aber der herausragende Hildesheimer WR Cole mit NFL-Erfahrung, sorgte immer wieder für Raumgewinn und brachte die Hildesheimer auf 27:28 heran. Der junge österreichische RB Patrick Welte erhöhte für die Comets zwar wieder auf 35 zu 28, aber gegen die US-Receiver-Erfahrung der Gegner fanden die Comets nur schwer Mittel, was die insgesamt 537 Passing Yards deutlich zeigen. Zwei weitere Touchdowns brachten den Gästen wieder die Führung zurück und mit der Aussicht auf den Ausgleich vor Augen landete knapp über eine Minute vor Spielende der Pass von Dr. Green bei einem Hildesheimer Spieler, was für die Niedersachsen den Sieg sicherte.
 Den Allgäuern darf man angesichts der Umstände keine Vorwürfe machen, von extremen Verletzungsnöten geplagt, haben sich für das Team vor allem die jungen Backups mit aller Kraft ins Zeug gelegt und bis zur letzten Sekunde gekämpft. Mit einem „Nicht-QB“ und einem Rumpfkader ein Nord-Team an den Rand einer Niederlage gebracht zu haben darf bei allem Bedauern nicht unter Wert gesehen werden.
Durch den Auswärtssieg haben die Hildesheimer wieder etwas bessere Aussichten, die Playoffs noch zu erreichen. Für die Comets ist dies rechnerisch zwar immer noch möglich ist, es gilt jetzt aber, beim kommenden Auswärtsspiel bei den Straubing Spiders die Serie von knappen und knappsten Niederlagen endlich zu durchbrechen. Die Niederbayern haben gegen Paderborn endlich ihren zweiten Sieg einfahren können – etwas anderes als erneute Dramatik wäre also eine große Überraschung.