Die Finalteilnehmer für den ERIMA GFL Bowl am 12. Oktober im Stadion an der Essener Hafenstraße werden am 28. September in den Halbfinals der ERIMA GFL ermittelt. Für die Dresden Monarchs heißt es dabei: Unverhofft kommt oft. Statt zum sechsten Mal seit 2014 zu einem Playoff-Spiel nach Schwäbisch Hall fahren zu müssen, empfängt man zu Hause die Hildesheim Invaders, die ihr Viertelfinale bei den Unicorns am Ende noch zu einem 31:28-Sieg drehten. Ganz den Erwartungen entsprechend ist Titelverteidiger Potsdam Royals der zweite Gastgeber am Samstag. Potsdams Gegner ist der Rekordmeister aus Braunschweig. Die New Yorker Lions hatten sich in Ravensburg mit 45:14 durchgesetzt.

Damit sind zum ersten Mal seit 2013 wieder alle Teams im Halbfinale aus derselben Gruppe der ERIMA GFL. Vor elf Jahren waren die Nord-Teams ebenso unter sich wie am kommenden Samstag. Auch damals entgingen die Dresdener als Gruppenzweiter dem Trip nach Schwäbisch Hall und hatten anschließend Heimrecht gegen den Gruppenvierten, seinerzeit aus Berlin. In den Halbfinals setzten sich 2013 die Heimteams schließlich durch, im Finale siegte der Nord-Erste aus Braunschweig gegen den Herausforderer aus Dresden knapp.

Ein Szenario auch für dieses Jahr? Die Favoritenrollen sind jedenfalls vergeben. Während der Hauptrunde siegten die Dresden Monarchs im Heimspiel gegen Hildesheim mit 45:16. Die Potsdam Royals setzten sich in Braunschweig sogar mit 59:0 durch. Es war der erste „Shutout“ für die Braunschweiger Offense seit 2011, und zum dritten Mal bei drei Heimspielen gegen die Potsdamer in den letzten vier Spielzeiten musste die sonst so starke Defense der New Yorker Lions 50 oder mehr Punkte hinnehmen.

Fun Fact: Auswärts in Potsdam lief es für die Niedersachsen in dieser Zeitspanne besser – wenn auch nicht immer am Ende erfolgreich wie 2021 beim 35:20-Sieg in Brandenburgs Landeshauptstadt. Letztes Jahr kehrte man zwar zweimal geschlagen von dort zurück, doch sowohl im Punktspiel (40:33 für Potsdam) als auch im Halbfinale (41:28) forderte man den späteren Meister bis zum Schluss.

Der Titelverteidiger ist in dieser Saison erkennbar noch stärker geworden, der Leistungsexplosion hat der Rest der Liga bisher eher staunend zugesehen. Maximal zwei Gelegenheiten bleiben der Konkurrenz, um den Sturmlauf der Royals doch noch zu stoppen. Die New Yorker Lions werden versuchen, den Trumpf ihrer Erfahrung auszuspielen. Im insgesamt 16. Jahr führt Head Coach Troy Tomlin das Team, nun in das neunte Halbfinalspiel, seit er 2013 seine zweite Amtszeit in Braunschweig antrat.

Die Führungspersonen bei den Spielern wechselten, aber Tomlin und der größte Teil seines Stabes sind über die Jahre gleich geblieben. In der Breite fluktuierte der aktive Kader nur so sehr, wie es alterbedingt normal war – das Team ist über Jahre zusammengewachsen. Dank traditionell starker Verteidigung und wenig Scheu, auch über ein solides Laufspiel zum Erfolg zu kommen, wenn es mit dem Passspiel aus dem einen oder anderen Grund nicht klappte, hielt man sich in der Spitze.

Im Heimspiel gegen die Potsdamer vor fünf Wochen ging dieses Konzept gar nicht auf, der Ausfall von Quarterback Donovan Isom ließ sich durch nichts kompensieren. Nach 14 Spielminuten lag man 0:24 hinten, und es liegt in der Natur der Braunschweiger Spielanlage, dass sich dies für sie praktisch nicht aufholen lässt. Nun in Potsdam wird der etatmäßige Quarterback am Start sein. Isom ist nicht nur als Passgeber, sondern auch als kräftiger Läufer stark. Ähnliches gilt für Receiver Luc Meacham, der nicht nur sicher fängt, sondern danach ebenso robust noch viele Yards machen kann. 

Wie die Allgäu Comets im Viertelfinale in Potsdam vorführten, ist es möglich, auch gegen die Royals fast die gesamte erste Hälfte ausgeglichen zu gestalten. Erst wenige Minuten vor der Halbzeitpause schwenkte der Royals-Angriff da einmal mehr auf die Überholspur, wurde daraus wieder ein scheinbar unangefochtener Kantersieg. Ziel der Braunschweiger am Samstag wird sein, die Royals nie so weit davonziehen zu lassen. Was vielleicht eine „110-prozentige“ Konzentration erfordert… Doch wenn es gelingt, genügt am Ende ein „Lucky Punch“.

So wie die New Yorker Lions ihre Routine als Trumpf nutzen wollen, ist es für den zweiten niedersächsischen Halbfinalisten eher im Gegenteil die Unerfahrenheit in Playoffs, die sich beim Spiel in Dresden als Vorteil entpuppen könnte, weil man ganz unbekümmert an die Sache herangehen kann. Als Wiederaufsteiger auf Anhieb in die Endrunde gekommen, haben die Invaders im Viertelfinale in Schwäbisch Hall ein Spiel gewonnen, das in etwa einen solchen Verlauf hatte, wie er nun für Braunschweig in Potsdam oder noch einmal für die Invaders in Dresden wünschenswert wäre: Der Heimfavorit konnte sich nicht entscheidend absetzen, hatte in der Schlussphase Pech mit unglücklichen Aktionen – und die Hildesheimer nutzten die Chance eiskalt.

Der Jubel darüber war auch in Dresden groß – so dürfen die Monarchs schließlich als Nord-Zweiter noch ein Heimspiel in ihrem renovierten Heinz-Steyer-Stadion ausrichten. Die Erwartungen sind selbstverständlich hoch. Geht es nach den Leistungen der Saison, standen die Monarchs ja nicht zufällig hinter Potsdam auf Rang zwei im Norden. Ob sie deutschlandweit die Nummer zwei sind, müssen sie nun nicht bei der (fast jährlichen und wie mit einem Fluch belegten) Auswärtsreise zum Süd-Ersten belegen.

Da ist die Erleichterung beim Dresdener Anhang zu verstehen. Nur müssen Coaches und Spieler umso mehr darauf achten, dass sich dies nicht in Sorglosigkeit umsetzt. Auch das erste Aufeinandertreffen Anfang August in Dresden war in der ersten Hälfte lange Zeit ausgeglichen. Dann fehlte den Hildesheimern einmal ein kleines bisschen an einem neuen First Down, einmal kassierten sie zwei Quarterback Sacks in Folge. Die Monarchs nutzten die sich ergebenden Gelegenheiten mit ihrem Angriff aus und zogen davon. 

Eine Garantie darauf, dass sich dies genauso wiederholen könnte, gibt es nicht. Die Hildesheimer laufen in der Gewissheit auf, mit dem Halbfinaleinzug bereits den größten Erfolg der Vereinsgeschichte sicher zu haben. Der Vizemeister von 2013 und Meister von 2021 aus Sachsen dagegen steht klar unter dem Druck, es mindestens bis ins Finale von Essen schaffen zu müssen.

GFL

Ähnlicher Artikel